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SMS und Telefon – Bald wirds das nicht mehr geben.

Gesten auf dem Weg zur Arbeit beobachtete ich eine ältere Dame und ihren Golden Retriever. Scheinbar war der Auslauf vorbei, es sollte nach Hause gehen. Sie trug die Leine und ihr Hund sprang freudestrahlend immer wieder an ihr hoch. Dann wusste ich auch warum: Wenig später hatte er seine Leine im Maul und ging nun freudestrahlend in Richtung Haus.

Warum ich das erzähle? Es sind eben die kleinen Dinge im Leben, die mich so faszinieren. Der Tag hatte für mich mit diesem Erlebnis einfach super begonnen. Der Goldi hatte sich so über das Tragen seiner Leine gefreut. Ganz stolz ging er nun nach Hause. So wie sein Frauchen musste auch ich schmunzeln.

Werden wir uns zukünftig über diese kleine Dinge noch freuen können?
Schon heute ist es doch vollkommen normal, im Cafe mit Freunden zu sitzen und parallel übers Smartphone bei ebay auf eine Aktion zu bieten.  Ich sitze vorm Fernsehen und parallel schreibe ich an meinem Blog, tätige Überweisungen, recherchiere meinen nächsten Urlaubstrip oder schaue nach einer Idee für das Geburtstagsgeschenk einer Freundin. Nicht nur Multitasking ist das Stichwort, sondern die zunehmende Vernetzung unseres Alltags. Szenarien wie der Kühlschrank erkennt selbst, dass z.B. der Orangensaft aus geht und bestellt selbständig übers Web nach, per Courier kommen die Einkäufe automatisch – sind technisch heute über rfid und barcodes schon möglich. Die Bezahlbarkeit für den Mainstream und deren flächendeckende Verbreitung ist nur eine Frage der Zeit. Kinder wiederum schauen Fernsehen, surfen Internet und chatten über ihr Smartphone gleichzeitig. Eine Minute später ist es die Wii, die ihr Herz höher schlagen lässt. Können sie sich noch über solche kleinen Dinge wie mein Erlebnis mit dem Hund freuen? Technisch ist heute alles möglich, es sind keine Grenzen gesetzt. Das freudige Erlebnis endlich stets und ständig von daheim zu telefonieren, kennen die Kinder und Jugendlichen heute nicht. Ich weiß noch, wie mein Vater zur Telefonzelle gegangen ist, um mit mir sonntags zu telefonieren. Meine Mutter und ich hatten bereits ein Telefon. Wahnsinn. Und genau dieses Telefonieren wird es meines Erachtens bald nicht mehr geben, ganz zu schweigen von der SMS.

Das Internet machts möglich
Dank fast flächendeckender Absicherung von Funkwellen fürs Internet, kann ich von überall zu jeder Zeit ins Netz, ins Web. Bereits seit Ende letzten Jahres gibt es für das iphone eine app namens whats app. Alle meine Kontakte, die diese App auch haben, werden mir angezeigt und ich kann mit ihnen über das web kostenfrei sms senden bzw. chatten. Lediglich meine internetflat zahle ich natürlich. Diese brauche ich aber für mein smartphone so oder so. Seit einiger Zeit gibt es diese App auch für android. Und das Telefon? Skype ist das Stichwort. Außer meine Internetgebühren fallen von skype zu skype keine zusätzlichen Gebühren an. Außer ich telefoniere ins normale telefonnetz. Sind alle bei skype fällt das telefonieren, wie wir es kennen, weg. Die normale Telefonie oder SMS gibt es nicht mehr.

Ohne Internet kein Leben möglich
Wäre wohl ein Szenario. Was passiert, wenn mal das Internet ausfällt? Ich denke, die Generation nach uns, nach mir wäre ein Stück weit überfordert. Ob das Leben wohl zusammenbrechen würde – noch nicht. Ich denke aber, wenn meine Kinder Ihre Enkelkinder haben werden die technischen Möglichkeiten so weit sein, dass wir uns so sehr ans Internet gewohnt sind, dass wir ohne nicht können. Und dann stellt sich die Frage: Können wir uns an den kleinen Dingen des Lebens, wie mein Erlebnis mit dem Hund, noch erfreuen? Bzw. was sind dann die „kleinen Dinge des Lebens“?

Luxusstatus: Mutter, Vater, Kind

Lange habe ich noch über die Mutter in Leipzig, die 500 Euro für einen Kinderkrippenplatz für ihren Sohn ausgesetzt hat, nachgedacht. Oder sagen wir eher, der Fall war der Auslöser über die Gesamtlage als solches nachzudenken.

Die Gesamtlage setzt sich zusammen aus:

  • Eine Frau ist nicht nur Mutter. Je nach Vorlieben ist sie Joggerin, Fußballerin oder vielleicht Skaterin. Hobbyfotografin, Heimwerker, Superköchin oder Kochlooser, Gartenliebhaberin oder Pflanzenliebhaberin, Heimtierbesitzerin, … . Und v.a. ist sie eigenständig, sie ist berufstätig – in welchem Job oder Berufung auch immer.
  • Eine Frau möchte gern Nachwuchs mit ihrem Partner, schreckt aber vor der Aufgabe zurück, Beruf und Familie unter einen Hut zu bekommen. Es ist schwierig einen Krippen- oder gar Kindergartenplatz zu bekommen. Sie hat Angst, schwerwiegende geldliche Einbußen zu haben, in der Zeit, in der sie daheim in Elternzeit ist bzw. auch danach. Denn wie soll man die eigene Arbeitszeit mit der Betreuungszeit des Kindes aufeinander abstimmen. Viele gehen dann in Teilzeit. Nach einer aktuellen Umfrage der Wirtschaftswoche unter allen börsennotierten deutschen Unternehmen wollen sich 59 Prozent aller Frauen unter 45 Jahren auf einen Teilzeitjob beschränken, um Zeit für die Erziehung der Kinder zu haben. Doch einerseits ist in den meisten Haushalten – das behaupte ich – die Familie schlichtweg auf das zweite Gehalt angewiesen. Und andererseits denke ich, würde die Umfrage repräsentativ alle Frauen in Deutschland als Grundmasse umfassen, würde hier etwas anderes rauskommen. Zum einen weil viele ihren Beruf zu sehr lieben, es ist ihr ausgleich zur Familie, den Beruf machen sie nur für sich, für ihre Erfüllung, und zum anderen weil sie es geldlich nicht können.
  • In Deutschland stehen wir vor der Herausforderung einer schrumpfenden Zahl von Erwerbsfähigen. Frauen sind demnach eine ökonomische Notwendigkeit. Heißt, wenn nicht mehr Frauen – und das nicht nur in Führungspositionen – arbeiten als bisher, wer soll diese Stellen besetzen? Einwanderungspolitik hin oder her. Jüngst hat er die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) bundesweit 14.000 Unternehmen zur Ausbildungssituation 2011 befragt. Ohne jetzt tiefgründig zu sein: Es gibt mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Dabei hat die Umfrage auch ergeben, dass sich dieser Mangel an Bewerbern auch über die Ausbildungsphase hinauszieht in den Fachkräftebereich. Selbst diese sind in den ersten Berufszweigen Mangelware. (Mehr dazu bei DIHK). In einem neuen Beitrag werde ich dazu stärker eingehen. Zurück zu Frauen als ökonomische Notwendigkeit: Wenn demnach so ist, sollten auch viel stärker Voraussetzungen geschaffen werden, dass Familie und Beruf sich nicht ausschließen bzw. sich nicht so stark tangieren, dass es zum persönlichen Balanceakt wird.

Schaut man sich nun die Gesamtlage an, stellt sich für mich wirklich die Frage: Mutter, Vater, Kind – Ist das ein Luxusstatus?

Zwischenresümee
Nun beinhaltet diese Gesamtlage wahnsinnig viele Unterthemen und deshalb möchte ich an diese Stelle, mich nur dem persönlichen Balanceakt aus Familie und Beruf widmen. Sprich um die Voraussetzung, dass sich Familie und Beruf nicht ausschließen. Also äußerliche Voraussetzungen. Und da sind wir wieder bei der Mutter, die das 500-Euro-Kopfgeld für einen Krippenplatz ausgesetzt hat.

Äußerliche Bedingungen: Mutter, Vater, Kind
Ich hätte echt gedacht, die Situation wie sie hier in Leipzig ist – so stark wird es sie bestimmt nicht noch einmal geben. Aber weit gefehlt, jüngst las ich einen Artikel in der Thüringer Allgemeinen Zeitung und siehe da, das Problem einen Kinderkrippenplatz zu bekommen, tritt auch hier massenhaft auf. Auch in Erfurt müssen Eltern Spießruten laufen, um sein Kind betreuen lassen zu können. Auch hier wird das Jugendamt erst aktiv, wenn die Eltern nur wenige Woche vor Arbeitsantritt der Mutter oder Vater noch keinen Betreuungsplatz bekommen haben. Welche nervliche Belastung. Die zentrale Vergabestelle für Krippen- und KITA-Plätze haben wir in Leipzig bereits. Erfurt nicht. Die Idee, dass damit alles besser werden würde, hat sich jedoch nicht erwiesen. (Mehr in meinem Artikel „Mutter setzt 500 Euro Kopfgeld für Krippelplatz aus“)

Die erste Bedingung
… sind wohl ausreichend Krippen- und KITA-Plätze durch welchen Träger oder in welcher Form, als Krippen-/KITA-Einrichtung oder bei einer Tagesmutter, auch immer. Eine richtige Anzahl von Einrichtungen und Plätzen anhand von statistiken wie Geburten, Zuzüglern etc. zu prognostizieren ist schwer keine Frage. (Mehr in meinem Artikel „Mutter setzt 500 Euro Kopfgeld für Krippelplatz aus“) … und soll auch jetzt nicht noch einmal Thema sein. Schnell wird an dieser Stelle auch der Ruf nach den Arbeitgebern laut. Sie sollen eine familienfreundlichere Politik betreiben, selbst Kindereinrichtungen schaffen, flexiblere Arbeitszeiten einrichten und überhaupt, sie müssen etwas tun.

Die zweite Bedingung
… sind familienfreundliche Arbeitgeber. So, nun bin ich Arbeitnehmer und könnte mir nun alles mögliche wünschen. Aber um Wünsch-Dir-Was gehts hier nicht und zeitgleich bin ich Realist und v.a. Betriebswirt. Natürlich sollte der Arbeitgeber sein Fünkchen mit in die Waagschale werfen. Schließlich agieren am Markt mehrere Parteien. Aber er ist auch nur einer von vielen. Auch er kann nicht das Allheilmittel entwerfen und die Lösung herzaubern. D.h. sollen jetzt alle Arbeitgeber betriebseigenen Kindergärten entwerfen – ich meine nein. Rein betriebswirtschaftlich geht das schon gar nicht und ist auch nicht zielführend. Dann kommt das Stichwort flexible Arbeitszeiten: Nun kann der Arbeitgeber ja nicht auf jeden einzelnen Fall schauen und die Arbeitszeiten so gestalten, wie es jeder werdenden Mutter passt. Wo kommen wir da hin? Einheitliche Regelungen sind da das Stichwort: Teilzeit oder Vollzeit. Einige Unternehmen bieten auch Home Office an. Je nach Berufszweig und Branche wirds damit aber auch schwierig: wie will ne Verkäuferin Home Office machen? Schließt sich irgendwie aus, oder? Naja, und dann wollen manche Frauen vielleicht auch keine Teilzeit: einmal weil sie nicht wollen und einmal weil sie nicht können. Und dann? Dann kann auch der Arbeitgeber nicht viel machen. Schließlich kann der ja nicht die Bänder stehen lassen, den Laden zu machen oder den Kunden wegschicken. Letztlich kanns da auch nur unternehmens- und branchenspezifischen Lösungen geben. Hier kann die Flexibilität der Arbeitszeit nur so geregelt werden. Und wer jetzt auf die Idee von staatlichen Vorgaben, über was auch immer, kommt: davon halte ich nicht wirklich etwas. Entweder die Unternehmen machen das, weil sie überzeugt davon sind oder sie lassen es. Durch Vorgaben ensteht kein arbeitsfreundliches und motivierendes Betriebsklima. Das Unternehmen ihr Quentchen mit geben müssen, steht also außer Frage – wie das aussieht ist unternehmensspezifisch. Sollte aber für alle einheitlich sein und v.a. bekannt sein, damit man sich drauf einrichten kann. Nichts ist schlimmer, als nicht planen zu können. Dann verharren wir Menschen nämlich in Starrhaltung und machen nichts. Super! Kommen wir also zurück auf die Kinderbetreuungsplätze…

Die dritte Bedingung
… sind funktionierende Betreuungszeiten. Klingt komisch, ist aber so. Irgendwie verstehe ich das nicht. Der komplette Dienstleistungssektor mit Läden, Ärzten, … – sie allen haben inzwischen von 8 bis 20 Uhr geöffnet, wenn nicht sogar noch länger. Wem dem so ist und sich die Arbeitszeiten schlichtweg verschoben haben, also sich die Nachfrage einfach verschiebt und das nicht nur bei einer Minderheit an Berufstätigen, sondern ich will meinen bei einer Mehrheit – warum ändert sich dann nicht das Angebot? Sprich die angebotene Betreuungszeit der Einrichtungen? Derzeit ist es so: zwischen 7 und 8 Uhr hinbringen und aller spätestens 17 Uhr abholen. Ich persönlich würde das schon einmal nicht hinbekommen. Meine reguläre Arbeitszeit ist von 9-18 Uhr. Meine bessere Hälfte ist da in der Gastronomie nicht besser dran. Was machen wir. Naja, wenn wir überhaupt einen Krippenplatz bekommen sollte, müssten wir danach noch eine Tagesmutti engagieren, die natürlich noch einmal gut Geld kostet. Und wie machen das vor allem Verkäuferinnen?
A) Familien sind auf zwei Gehälter angewiesen – können sich diese nun keine KInder leisten? Platz bekommen sie vielleicht nicht, vielleicht doch, müssen dann aber aufgrund der Arbeitszeiten, noch eine Kinderfrau engagieren, die natürlich das Portemonnaie belastet.
B) Sie bekommen keine Kinder.
Ist das die Lösung? … Warum kann es in der Einrichtung keine zwei Schichten geben? Von 7 bis 16 Uhr und halt von 8.30 bis 18 Uhr ? Oder wie auch immer zeitlich gestaffelt? Na klar, weil die Einrichtungen es derzeit nicht müssen. Wir haben schließlich mehr Nachfrage an Plätzen als Angebot. Die Einrichtungen diktieren den Markt. Die Frage ist nur wie lange noch. in 2-3 Jahren kippt die Situation. Wir werden mehr Plätze als Kinder haben und dann sind wir einmal gespannt, was passieren wird.

Die vierte Bedingung
… und die möchte ich nicht unerwähnt lassen, ist die geldliche Absicherung in der Elternzeit. Das Elterngeld fand ich persönlich einen guten Vorstoß und ist an sich eine gute Sache. In vielen anderen Ländern gibt es das nicht. Bspw. in den USA wird dies – in einer anderen Form – nur in den ersten drei Monaten gezahlt. Danach gibts nix mehr. Wir sind hier schon gut abgesichert. Meckern tun wir also auf hohem Niveau. Dennoch ist es schade, dass die Ausweitung des Elterngeldes über die 14 Monate, nun wieder auf Eis gelegen worden ist. Aber klar, es muss finanzierbar sein. Das selbst mit Elterngeld für viele Familien diese Zeit zum Balanceakt wird, habe ich selbst im Freundeskreis gesehen. Wenngleich die Zeit mit den Kleinsten natürlich schön und zugleich nicht eintauschbar ist. Doch ohne das „liebe Geld“ ist auch dies nicht machbar.

Resümee
Mir ging es diesmal wirklich um die Darstellung der Gesamtlage. Dass letztlich nicht nur eine Partei an der Gesamtsituation ausschlaggebend ist. Mehrere gestalten die äußeren Bedingungen. Und einer allein kanns nicht schaffen. Also nur auf die Arbeitgeber zu schimpfen, wie es in letzter Zeit immer mal wieder geschehen ist, kann es nicht sein. Alle haben ihr Quentchen beizutragen. Eigenartig finde ich es nur, dass neben mehr Betreuungsplätzen nicht einmal über andere flexiblere Betreuungszeiten gesprochen wird. Und zum Schluss bin ich natürlich wieder beim Jugendamt welcher Stadt auch immer. Auch Leipzig stellt sich als familien- und kinderfreundliche Stadt dar. Lobt sogar den alljährlichen Familienfreundlichkeitpreis aus. Dennoch schaffen sie es nicht entsprechende Bedingungen gemeinsam mit allen Akteuren zu schaffen. Ich kann nicht mit etwas werben, dass in der Realität nicht existiert. Kunden strafen Unternehmen und ihre Produkte mit dem Nicht-Mehr-Kaufen ab. Und Einwohner?

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